Orientalische Miniaturen – Buch gebraucht kaufen

leichte Gebrauchsspuren

205 g

Hardcover/gebunden

Deutsch

Zustand siehe Bild/Bilder. Zusätzlich: Ecken und Kanten leicht bestoßen. Seiten und Buchschnitt leicht abgedunkelt.


Einführung

Der Europäer ist stets geneigt, das Abendland als Zentrum der Welt zu betrachten.
Mit der Verbesserung der internationalen Beziehungen weitet sich jedoch der Horizont.
Völker und Kulturen treten in unser Blickfeld, für die man früher geringeres Interesse und kaum Verständnis hatte. Erfahrungsgemäß ist zudem die fremde Mentalität nicht unmittelbar zugänglich, sondern wir müssen erst ihre spezifischen Voraussetzungen begreifen, um sie gerecht beurteilen zu können.
Die Kenntnis der bildenden Kunst und der geschichtlichen Zusammenhänge wird dabei ein sehr nützlicher Helfer sein, denn sie gibt oft unmittelbareren Aufschluß, als noch so ausführliche Analysen. Betrachten wir mit einfühlendem Verständnis jene fremden Kunstwerke, so bekommen wir damit — abgesehen vom hohen ästhetischen Genuß zugleich entscheidende Aufschlüsse über das immanente Wesen der uns interessierenden Völker und Kulturen.
Die für dieses Buch ausgewählte Buchmalerei gehört einem zusammenhängenden, zeitlich und räumlich sehr ausgedehnten Kulturbereich an, dem Persiens und Nordindiens zur Zeit der mongolischen Fremdherrschaft. Die blumenhaft zarten persischen Miniaturen aus dem 15. Jahrhundert, die an den Höfen timuridischer Sultane entstanden, offenbaren die edle Spätblüte einer fast morbiden Überfeinerung, während die zeitlich spätere indische Malerei des Hamza-Romans voll unverbrauchter, drängender Kraft den Beginn der eigenständigen Mogulkunst kennzeichnet. Wir sind ein wenig stolz darauf, daß es hier möglich ist, einige dieser interessanten indischen Mogul-Miniaturen aus dem Besitz der Österreichischen Staatsbibliothek Wien erstmals farbig wiederzugeben. Die mit frühlingshaft reinen Farben minutiös gemalten orientalischen Miniaturen aus dem Umkreis fürstlicher Höfe rufen die Erinnerung an morgenländische Märchen wach. Kommt es uns nicht so vor, als sähen wir Sindbads prunkvollen Palast vor uns oder dürften insgeheim einen neugierigen Blick in Harun al Raschids juwelenreiche Schatzkammern wagen?
Scheherazades einfallsreicher Phantasie entspringen immer neue Erzählungen, und die Quelle morgenländischer Kunst und Poesie sprudelt schier unerschöpflich. Der besondere Reiz der orientalischen Miniaturen liegt darin, daß sie vor vielen Jahrhunderten geschaffen wurden, als die Beziehungen zwischen Okzident und Orient tatsächlich sehr gering waren. Die islamische Welt hatte ihre eigenen Gesetze und innerhalb ihres Lebensraumes wiederum lebhaften Austausch. Die orientalische Buchmalerei gibt durch ihre einmalige Mischung von sorgfältigem Realismus und lyrischer Verklärung unvergeßliche Einblicke in jene traumhaft erscheinende, längst versunkene islamische Blütezeit.
Staunend lassen wir uns verzaubern vom Anblick fürstlicher Audienzen, wir möchten verweilen im lieblichen Garten des Sultans oder in den exotischen Palästen. Ein Hauch feenhafter Leichtigkeit umschwebt uns. Hoffen wir also, daß ein freundlicher Lichtstrahl aus Aladins Wunderlampe uns für eine Weile entrückt in die Zauberwelt jener glanzvollen Epoche.

1977

BN12470