Beschreibung:
So hübsch wie nur Rom .Hg. Hans Hinterhäuser hat eine italienisch-deutsche Anthologie zusammengestelltTexte, weit vorwiegend Verse, aus dem letzten und aus diesem Jahrhundert, über die Stadt Rom, und zwar für einmal nicht von Autoren, die aus der Fremde kamen und nach langer oder auch kurzer Umschau das Lob der «Ewigen Stadt» sangen, sondern von Landsleuten. Giuseppe Antonio Borgese hat zwar mit dem Gedanken gespielt, «durch Italien zu schlendern, die Hände in den Taschen und mit Goethes erstaunten Augen»; aber es ist beim Gedankenspiel gebliebenman war näher daran, man musste keine Ungezwungenheit mimen, und besonders erstaunt war man auch nicht. Zwei Schwerpunkte ergeben sich aus dem VorliegendenGiuseppe Gioacchino Belli, der römische Dialektdichter mit seinen Veduten, leider von Otto Ernst Rock übersetzt, und Pier Paolo Pasolini, von Hinterhäuser auf hohem – fast möchte man sagen, auf hohes – Niveau übertragen. Darum herum aber viel Unbekanntes, Reizvolles, was selten Dämonie oder Magie der Stadt erfasst und Zauber mehr im Sinn des Zauberhaften als des Hintergründigen verspüren lässt. Rom von seiner liebenswürdigsten Seiteein genussreich-unbeschwertes Hin- und Widerblättern. Merkwürdig karg die Illustration (mit zwei vertauschten Legenden). Kunstgriff oder – wohl eher – begreifliche FehlleistungHinterhäuser überträgt im ersten Satz einer D'Annunzio-Passage zwei Wörter nicht«su Roma».Vergangene Wahrheit .bhi. Ob das «Niveau» der deutschsprachigen feministischen Kunstwissenschaft tatsächlich so weit unter dem der angelsächsischen liegt, wie die Herausgeberin des anzuzeigenden Sammelbandes uns zur Begründung ihres Unternehmens wissen lässt, kann man dahingestellt sein lassen. Interessant jedenfalls ist zu lesen, was hier unter dem Titel «Rahmenwechsel» versammelt wurdeeine Auswahl ausschliesslich von Übersetzungen aus der englischsprachigen, überwiegend der englischen Kunstwissenschaft mit zeitlichem Schwerpunkt zwischen 1988 und 1994. Es macht sich bemerkbar, dass England schon früher als der deutschsprachige Raum von den sozialen Folgen eines neoliberalen Fanatismus gequält wurdeklassenbezogene und neomarxistische Analysen haben dort auch in den letzten fünfzehn Jahren nie ganz aufgehört, hof-, d. h. universitäts- und wissenschaftsfähig zu sein. Nicht nur nehmen viele der versammelten Texte zur Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts auf soziale Machtkonstellationen Bezug, das Bild wird generell als «historischer Text» und das Kunstschaffen als «gesellschaftliche und historische Praxis» analysiert. Psychoanalytische Gesichtspunkte, Rezeptionsforschung und die Frage, wie Geschlechterkonzepte den Zugang zu Institutionen und Ausbildung und den Diskurs über Kunst und Künstler(innen) formen, dürften in der Tat die komplizierte Grundlage jeder feministischen Kunstwissenschaft darstellen. In der Durchführung an den Kunstwerken selbst allerdings erweist sich als ein Qualitätsmerkmal, wie weit ein Werk machtgesättigte Erstarrungen und Fetischisierungen zu überschreiten oder in eine komplexe Schwebelage zu bringen fähig istzu sehen an Rosettis «Astarte Syriaka» (G. Pollock), an Manets «Frühstück im Freien» (M. Pointon) oder an van Goghs «Kartoffelessern» (G. Pollock). Damit scheint die feministische Untersuchung vor einem ähnlichen Problem zu stehen, wie es Luhmann für die konventionelle Wissenschaftssoziologie benannt hatsie könne nur (vergangenen) Irrtum, nicht aber (gegenwärtige) Wahrheit erklären. Die Einsicht, dass auch «grosse» Kunst durch und durch Kunst des Patriarchats gewesen ist – eine schmerzhafte Einsicht, weil sie Neid aktiviert und zugleich nötigt, Ideale zu relativieren, an denen auch Feministinnen hängen –, kann vielleicht erst in dem Masse wachsen, in dem wir angesichts des Neuen sicherer werden, dass es sich dabei um eine in historischer Hinsicht endgültig vergangene Gestalt der Wahrheit handelt. Musikwissenschaftliche Soziologie .tsr. Die vorliegende Studie entstand als Dissertation in den Jahren 1981–1983. Da der Autor es ablehnte, daraus «ein leicht lesbares Buch» zu machen, blieb damals eine Publikation aus. Nun eröffnet Max Beckers «Narkotikum und Utopie» in der leicht überarbeiteten Originalgestalt die von seinem Lehrer Christian Kaden gegründete Schriftreihe «Musiksoziologie». Getreu der Absicht der Reihe, explizit soziologisches Denken gerade auch für die historische Musikwissenschaft fruchtbar zu machen, untersucht der Autor anhand deutschsprachiger Schrifterzeugnisse Deutungen und Sinnzuschreibungen von Musik (und anderer Künste) zwischen Empfindsamkeit und Frühromantik. Musik wird als Austragungsort sozialer Konflikte in einer Zeit des Übergangs von der absolutistischen zur bürgerlichen Gesellschaftsordnung verstanden. Dabei fiel ihr je nach Standpunkt zum Beispiel die Rolle einer narkotisierenden Beschwichtigerin oder einer zum Ausbruch reizenden Aufwieglerin zu. Wer den akademischen Soziologenjargon nicht scheut, wird belohnt mit originellen Denkanstössen zu einem turbulenten Abschnitt europäischer Kunst- und Sozialgeschichte. Kleine Kolonialgeschichte .Ubi. Vor sieben Jahren ist Wolfgang Reinhards «Geschichte der europäischen Expansion» in vier Bänden erschienen – das einzige Übersichtswerk zum Thema in deutscher Sprache, das den neueren Forschungsstand verarbeitet. Nun liegt auch eine handliche Kurzfassung dieses Werks vor, welche die geschichtliche Entwicklung bis zur Gegenwart nachzeichnet. Der Verfasser unterscheidet drei Grundtypen der Kolonisationdie Stützpunktkolonisation, wie sie die Portugiesen und Holländer im asiatischen Raum betrieben; die Siedlungskolonisation der Spanier und Engländer in Amerika, die von grossen Migrationsbewegungen getragen wurde; die Herrschaftskolonien, wie Engländer und Franzosen sie in Indien und Teilen Afrikas einrichteten. Wie schon im vierbändigen Werk legt Reinhard besonderes Gewicht auf die wirtschaftlichen und politischen Vorgänge, wobei er generalisierende Erklärungsmodelle meidet und – soweit auf knappem Raum möglich – den regionalen Besonderheiten Rechnung trägt. Demgegenüber tritt die geistesgeschichtliche Entwicklung zurückSie wird zwar im Zusammenhang mit der Mission gestreift; der emanzipatorische Diskurs im Zusammenhang mit der Dekolonisation wird aber nicht berücksichtigt. Das trotz unvermeidlichen Verkürzungen überzeugend gegliederte und gut lesbare kleine Werk ist nicht zuletzt Ausdruck einer seit einiger Zeit sich anbahnenden Neubewertung der europäischen Überseekolonisation, was etwa dann sichtbar wird, wenn der Autor bemerkt, der Historiker habe dafür Verständnis aufzubringen, «dass Menschen unter Umständen lieber von ihresgleichen schlecht als von Fremden gut regiert werden wollen». Thorstein Veblen über den Sport .upj. In seiner «Theorie der feinen Leute» (1899) hat der Sozialökonom Thorstein Veblen den «Überresten der Barbarei im modernen Leben» ein ganzes Kapitel gewidmet. Zu finden sind darin auch etliche Reflexionen über das Phänomen Sport, in welchem der Amerikaner ein zentrales Indiz für die «Restbarbarei der Moderne» zu erkennen glaubte. Es sei eine «merkwürdige Puerilität» im sportlichen Wettkampf sichtbar, nüchterne Männer übten sich in Kinderspielen, zu welchen Theatralik, Geschwätz und Ritual zu gehören hätten, damit an der Ernsthaftigkeit des sportlichen Tuns nicht gezweifelt werde. Der «Jargon der Sportler» bestehe im übrigen aus äusserst blutrünstigen Wendungen, die dem Sprachschatz der Kriegführung entnommen seien; auch das galt Veblen als Indiz für die These, dass der Sport etwas vortäusche, was in der Wirklichkeit keine (ökonomische) Entsprechung finde. – Doch liess sich die Körperkultur von Veblens Beckmesserei nicht aufhalten; Ernst Bloch, Karl Jaspers, Alfred Vierkandt, Eduard Spranger, Helmuth Plessner, Theodor W. Adorno . . . – der Sport wurde ein reizvolles Thema auch für Philosophen. – Volker Caysa hat einen «sportphilosophischen» Reader zusammengestellt, der Antworten geben soll auf die Frage, weshalb der Sport im 20. Jahrhundert zu einer identitätsstiftenden Lebensform geworden sei. Berlin-Cölln 1640–1688 .lx. Unzählige Naturwissenschafter, Theologen, Schulmänner und Juristen haben das wissenschaftliche Antlitz des Kurfürstentums Brandenburg zwischen 1640 und 1688 geprägt; wenige von ihnen allerdings waren so herausragende Forscher, dass die Gegenwart sich ihrer noch deutlich erinnern würde. Lothar Noack und Jürgen Splett haben im Auftrag der Arbeitsgruppe «Brandenburgische Geistesgeschichte der Frühen Neuzeit im europäischen Kontext» nun in monatelanger Kleinarbeit die Bio-Bibliographien von 54 brandenburgischen Gelehrten der Frühen Neuzeit erarbeitet. Der Band dokumentiert anhand einer Vielzahl von Lebensläufen auch die Bildungsetappen sowie die unterschiedlichen Methoden, Lehr- und Lektürepläne, die den Werdegang eines Gelehrten in der Regierungszeit des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm prägten. In die einzelnen Artikel eingearbeitet ist überdies das für die damalige Zeit sehr charakteristische Personal- und Gelegenheitsschrifttum. In Vorbereitung findet sich ein unmittelbar anschliessender Band mit Bio-Bibliographien von 1688 bis 1713. (Vielleicht wird dort auch die eine oder andere Frau mit wissenschaftlichen Leistungen vertreten sein?) .Der Geliebte der Frau Nobel u. a. rox. Der Apfel ist das berühmteste Objekt der wissenschaftlichen Folklore. Die Ballistik muss ihn kennen (Tells Apfelschuss), die Physik kann ohne ihn nicht auskommen (Isaak Newton und die Anziehungskraft), eine Computerfirma bietet eine bereits angebissene Variante an. Wer aber fragen wollte, ob es sich beim Apfel Newtons um einen Granny Smith oder einen Golden Delicious gehandelt habe, tut Schändliches – nicht, weil diese beiden Kultursorten damals wohl noch nicht existierten, sondern weil der so Fragende dabei ist, eine der berühmtesten wissenschaftlichen Legenden zu zerstören. Die beiden Wissenschaftsjournalisten Sven Ortoli und Nicolas Witkowski pflegen einen betont häretischen Umgang mit dem Hang zur wissenschaftlichen Legendenbildung. Weder vor Mendelejews Tabelle noch vor Schrödingers Katze haben sie besonderen Respekt. Und auch nicht vor dem kurzzeitigen Geliebten der Ehefrau des Dynamithändlers Alfred Nobel. Dieser, der brillante schwedische Mathematiker Mittag-Leffler, sei nämlich der Grund, weshalb der Nobelpreis nur an Physiker, Chemiker, Biologen und Wirtschaftswissenschafter, nicht aber an Mathematiker vergeben werde. Wahrheit oder Legende? Und Nobel, war er nun verheiratet oder nicht? .Zypern – zwischen Orient und Okzident:U. Sm. Zypern ist im Bewusstsein der Westeuropäer auf doppelte Weise präsentZum einen prangt der Name der Mittelmeerinsel auf allen Billigangeboten des Last-Minute-Tourismus, zum andern dringen die Streitigkeiten zwischen Griechen und Türken mit hartnäckiger Regelmässigkeit in die Schlagzeilen der westlichen Presse. Die letzte geteilte Hauptstadt Europas und weisser BadestrandHinter diesen beiden Schlagworten droht eine jahrhundertealte multikulturelle Tradition in Vergessenheit zu geraten. Dass die wechselnde Präsenz von Griechen, Arabern, Juden, Venezianern, Türken, Franzosen, Engländern immer wieder zu Spannungen, ja sogar Massakern und Kriegen geführt hat, stellt jedoch nur die eine Seite dieses Nebeneinanders dar. Nicht zu unterschätzen ist auf der anderen Seite die Rolle Zyperns als eines Orts der Begegnung zwischen Orient und Okzident. In seinem sorgfältig zusammengestellten Zypern-Lesebuch dokumentiert Johannes Zeilinger die verschiedenen Stationen dieser AuseinandersetzungDie abendländische Philosophie wurde nachhaltig vom Begründer der Stoa, Zenon aus Kition, geprägt; der wohl einflussreichste Mediziner der Weltgeschichte, Galen, experimentierte auf Zypern mit Wirkstoffen; arabische, osmanische und europäische Chronisten beschrieben die wechselvolle Geschichte Zyperns; schliesslich entstanden hier auch literarische Reiseberichte, von denen die berühmtesten aus der Feder von Nikos Kazantzakis, Giorgis Seferis und Ernst Jünger stammen. Wort